Aktueller Fall in Braunau zeigt traurige, tägliche Realität in der Tierproduktion / Tierschutzorganisation kritisiert: Tiere als „Sache“
Anlässlich des Welternährungstages am 16. Oktober macht die Tierschutzorganisation Pfotenhilfe darauf aufmerksam, dass auch im Jahr 2019 die meisten Tiere immer noch als Produkt betrachtet und auch so behandelt werden. Ein aktueller Fall mitten in Braunau zeigt deutlich, dass Tierleid in Österreich zur alltäglichen Routine gehört: Spaziergänger sind im Stadtgebiet an einem sehr alten Rinderstall vorbeigekommen und haben bei der Pfotenhilfe entsetzt angefragt, „ob es wirklich sein kann, dass so eine schreckliche Tierhaltung in Österreich noch erlaubt ist.“ Auf den Fotos sieht man jeweils mehrere Rinder in winzigen, verdreckten, finsteren Stallabteilen so eng zusammengepfercht, dass sie sich kaum umdrehen können. Sie müssen auf harten Betonspaltenböden über den eigenen Exkrementen dahinvegetieren. Es gibt keine weichen Liegeflächen und schon gar keine Einstreu.
Die Pfotenhilfe hat die Gesetzeslage durchforstet und ist zum erschütternden Ergebnis gekommen, dass Rinder tatsächlich kaum mehr Platz zur Verfügung gestellt werden muss, als die eigene Körpergröße, nämlich zwei Quadratmeter (und je nach Gewicht kurz vor der Schlachtung 2,4 bzw. 2,7 Quadratmeter). „Das sind also pro Rind einen Meter Breite und zwei Meter Länge. Dass sich das bei einem Tier mit mehreren hundert Kilogramm nicht wirklich ausgeht, sieht auch ein Laie. Ein Tierschutzgesetz, das so etwas erlaubt, hat den Namen nicht verdient, da es sich an den Wünschen der Wirtschaft orientiert und sicher nicht an den Bedürfnissen der Tiere“, klagt Pfotenhilfe-Geschäftsführerin Johanna Stadler.
Die Pfotenhilfe appelliert daher nicht nur an die Politik, endlich in die Gänge zu kommen sondern auch an mündige Konsumenten, beim Einkauf die Realität in den heimischen Tierproduktionsstätten nicht zu verdrängen. Stadler dazu: „In den vielen Gesprächen, die ich mit Tierfreunden führe, hat es noch niemanden gegeben, der es in Ordnung findet, Tiere auf engstem Raum über den eigenen Exkrementen einzusperren, zur Bewegungslosigkeit verdammt und oft sogar noch an kurzen Ketten! Und trotzdem ist es tägliche Realität, die nur verdrängt werden kann, weil der Konsument physisch und psychisch weit weg ist von den Produktionsstätten. Wer wie ich Tiere und ihre Bedürfnisse persönlich aus eigener Erfahrung kennt, für den ist der Gedanke an das tägliche Leid unerträglich. Wenn Tiere die Gelegenheit dazu haben, wählen sie selbst, was sie wirklich brauchen: Luft, Licht, Sonne und vor allem die Freiheit zu entscheiden, ob sie drinnen oder draußen sein wollen.“ Auf dem Tierschutzhof Pfotenhilfe haben die meist aus tierquälerischer Haltung geretteten Tiere Sommer wie Winter die Wahl zwischen Gruppenställen und großzügigen Koppeln oder Weiden und entscheiden sich fast immer für draußen.
Die Tierschutzorganisation ist überzeugt: in Zeiten eines erhöhten und ständig steigenden Tierschutzbewusstseins darf der Schutzbedarf so genannter „Nutztiere“ nicht mehr einfach so ausgeblendet werden. „Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe und Geflügel empfinden genauso wie Hunde oder Katzen Freude und Glück, aber eben auch Schmerz, Leid und Trauer. Das muss uns nicht nur theoretisch bewusst sein sondern auch bei der täglichen Einkaufsentscheidung in die Tat umgesetzt werden. Behandelt werden die meisten Tiere aber nach wie vor wie Produktionseinheiten - sogar Autos werden meist rücksichtsvoller behandelt als Tiere“, ist Stadler erschüttert.
Veröffentlicht am 15.102019