Vorm Schlachter zu flüchten ist nachvollziehbar: Alltag in Schlachthöfen ist ähnlich grausam
Als menschliches Versagen und noch dazu illegal bezeichnet die Tierschutzorganisation Pfotenhilfe die Erschießung einer Kuh durch einen Cobra-Beamten. Dass diese zu flüchten versucht, wenn sie verladen wird, um getötet zu werden, ist absolut nachvollziehbar. Rinder sind äußerst friedliche, aber auch sehr sensible Lebewesen, die spüren, wenn ihnen Unheil droht. Auf dem Tierschutzhof der Pfotenhilfe in der Grenzregion Oberösterreich/Salzburg leben vier vorm Schlachter gerettete Rinder, die nach wie vor Menschen gegenüber misstrauisch sind.
"Auf dem im Internet kursierenden Video sieht man deutlich, dass die getötete Kuh völlig friedlich auf einer Wiese stand", zeigt sich Pfotenhilfe-Geschäftsführerin Johanna Stadler erschüttert. "Und wenn sie sich gegen das Einfangen gewehrt hat, ist das doch absolut verständlich! Wer geht schon freiwillig zu seinem Henker? Zudem ist die Polizei immer dazu angehalten, das gelindeste Mittel anzuwenden, so wie auch bei Menschen, die bei Zugriffen Widerstand leisten."
Im vorliegenden Fall wäre es kein Problem gewesen, einen (Amts-)Tierarzt zu rufen und die Kuh zu betäuben. Ein Anlass für eine derartige Überreaktion des Beamten ist nicht ersichtlich. "Man kann aber auch ein Tier mit rund 700 kg mit einem Gewehr aus so einer Entfernung nicht gesetzeskonform töten, das muss einem ausgebildeten Cobra-Schützen doch klar sein", kritisiert Stadler. Laut §6 Tierschutzgesetz ist es verboten, "Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten". Und selbst wenn dieser wegen akuter Gefahrenlage bestünde, besagt §32 (1): "Unbeschadet des Verbotes der Tötung nach §6 darf die Tötung eines Tieres nur so erfolgen, dass jedes ungerechtfertigte Zufügen von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst vermieden wird." Stadler: "Meiner 12-jährigen Tochter sind die Tränen über die Wangen geronnen, als sie unbemerkt hinter mir stand, während ich mir fassungslos das Video angesehen habe."
Und weil in sozialen Medien jetzt Kommentare wie "Die Kuh wäre ja sowieso im Schlachthof getötet worden" zu lesen sind, weist Stadler darauf hin, dass man sich tatsächlich nicht einreden darf, dass solche schockierenden Bilder in Schlachthöfen nicht vorkommen. Jedesmal, wenn in Schlachtbetrieben unangemeldet gefilmt wird, sieht man unzureichend betäubte Tieren im minutenlangen Todeskampf. Oft leben Mitarbeiter, die sich unbeobachtet fühlen, sogar ihre Aggressionen brutal an den hilflosen Tieren aus. "Fleischproduktion und Gewalt gegen Tiere sind immer untrennbar miteinander verbunden, da Tiere ja nicht zu Tode gestreichelt werden können, das sollte man bei jedem Bissen Fleisch bedenken", so Stadler abschließend, die deshalb schon mit 12 Jahren keine Tiere mehr essen wollte.
Veröffentlicht am 13.12.2019